Einst vermutlich nur wichtigen Besucher*innen vorbehalten, stammt die Bildertür noch aus der Bauzeit der Kirche um 1060 und zählt damit zu den bedeutendsten Ausstattungsstücken der Kirche. Doch es gibt noch mehr zu entdecken in St. Maria im Kapitol über diese größte und älteste der 12 romanischen Kirchen Kölns.
Gebaut auf imposantem Erbe
St. Maria im Kapitol steht auf den Resten des einst wichtigsten römischen Tempels: dem Kapitolstempel. Darauf weist auch der Zusatz im Kirchenname „im Kapitol“ hin. Dieser Tempel für die kapitolinische Trias – die drei bedeutendsten römischen Götter Jupiter, Juno und Minerva – entstand wahrscheinlich im 2. Jahrhundert nach Christus und zählte zu den imposantesten Bauten, mit seiner Podiumsfläche von etwa 41 x 29,5 m und einem umgebenden Tempelhof von etwa 90 x 69 m. Ein Korkmodell des Tempels im Maßstab 1:50 steht übrigens im Römischen Praetorium. So schließt sich auch bei St. Maria im Kapitol – wie bei den anderen romanischen Kölns – der Kreis zum römischen Köln.Von der Eigenkirche zur Hauptkirche neben dem Dom
Im Verlauf der Geschichte entstand auf den Tempelresten zunächst eine Eigenkirche, gestiftet von Plektrudis, Ehefrau von Pippin dem Mittleren. Um 1040 begann der Bau der heutigen St. Maria im Kapitol, unter Äbtissin Ida, der Enkelin Kaiser Ottos II. und der Kaiserin Theophanus. Ihr Grundriss orientierte sich an der Geburtskirche in Bethlehem mit ihrer Dreikonchenanlage. Schnell avancierte St. Maria im Kapitol zur Hauptkirche nach dem Kölner Dom.In den nachfolgenden Jahrhunderten wurde die Kirche an mehreren Stellen verändert oder ausgebaut, es kamen etwa die Salvatorkapelle und die Zwickelkapelle hinzu, Fenster wurden vergrößert und noch Vieles mehr. Im 16. Jahrhundert wurde der Lettner aufgestellt. Der Zweite Weltkrieg setzte der Kirche allerdings stark zu, Gewölbe stürzten ein, die Konchen wurden beschädigt. So dauerte der Wiederaufbau von St. Maria im Kapitol lange bis ins Jahr 1984.
Kostbarkeiten, Kuriosa und Legenden
Neben der berühmten Holztür verfügt St. Maria im Kapitol über eine Reihe kostbarer Ausstattungstücke wie das Gabelkreuz von vor 1312 als eines der ausdruckstärksten Leidenskruzifixe. Oder der Lettner aus der Renaissance-Zeit, der nach langer Restaurierungszeit heute wieder in der Basilika steht. In der Salvatorkapelle schaust du dir Christus Salvator und Maria als Sandsteinskulpturen aus dem Jahr 1465 an.Von Walfischknochen und Äpfeln
Die vier Knochen eines Grönlandwals, die im südlichen Seitenschiff an der Wand hängen, durchbrechen auf den ersten Blick das devotionale Ambiente, fügen sich aber unter dem Aspekt der biblischen Geschichte von Jona und dem Wal wieder in den kirchlichen Kontext ein.Die Knochen selbst stammen übrigens nicht, wie man vielleicht vermuten könnte, von „Moby Dick“ – dem Weißwal, der 1966 im Rhein schwamm und die Geburtsstunde der deutschen Umweltschutzbewegung markierte. Sie werden viel früher, auf die Zeit des Pleistozäns zugeordnet.
Auffallen werden dir vielleicht auch die echten Äpfel, die bei der Madonna aus dem 12. Jahrhundert im Konchenchor liegen. Der Legende nach schenkte der heilige Hermann Josef der Statue einen Apfel, die daraufhin zum Leben erwachte. Interpretieren könntest du dieses als Befreiung von der menschlichen Erbschuld, nachdem der Mensch im Garten Eden trotz Verbot vom Baum der Erkenntnis probiert hat. Bis heute legen Besucher*innen und Gläubige Äpfel vor der Statue nieder.
Das Leben Jesu auf Türflügeln: die letzte romanische Bildertür
Ein Highlight von St. Maria im Kapitol stellt die 4,85 Meter hohe und 2,48 Meter breite romanische Bildertür mit der Lebensgeschichte Jesu Christi dar mit ihren einst 26 Holzreliefs. 25 davon sind heute erhalten geblieben, verteilt auf zwei Türflügel: Die linke Seite zeigt Szenen aus der Kindheit und Jugend, während die rechte Jesus‘ Passion und Auferstehung thematisiert.900 Jahre verschlossen diese beiden reich verzierten und ehemals farbigen Holzflügel das Portal der Nordkonche, bis man sie 1930 zum Schutz in den Innenraum, ins südliche Seitenschiff verlegte. Bemerkenswert gut erhalten gilt die Holztür von St. Maria im Kapitol heute als eine der bedeutendsten in der Kunstgeschichte. Und ebenso als einzigartig.
Lichhof und Dreikönigenpförtchen
Bevor du deinen Besuch in St. Maria im Kapitol beendest und dich vielleicht zu einer der anderen romanischen Kirchen in der Nähe aufmachst – wie St. Cäcilien, Groß St. Martin oder St. Georg –, besuche den Lichhof hinter der Kirche. Er ist nur Fußgängern zugänglich und rangiert in Köln als Geheimtipp für alle, die mitten in der City einen Ort der Ruhe suchen. Der Name geht übrigens auf das mittelhochdeutsche „lich“, Leichnam zurück und verweist auf einen ehemaligen Friedhof.Hier triffst du auch auf das versteckt liegende Dreikönigenpförtchen um 1330, hinter dem einst der Immunitätsbezirk begann – ab hier galt städtische Gerichtsbarkeit nicht mehr – und durch das der Legende nach Reinald von Dassel die Reliquien der Heiligen Drei Könige nach Köln trug. Wahr oder nicht wahr: Der Blick durch das Pförtchen, die Ruhe des Orts, das Hindurchschreiten à la Reinald von Dassel ist erlebenswert.
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